Stiftung LEBENSNERV, FORUM PSYCHOSOMATIK 1/05 |
Schon bei der Erstbeschreibung der Multiplen Sklerose (MS) durch Charcot wurde psychologischen Faktoren eine große Bedeutung für die Entwicklung und den Verlauf der Erkrankung zugeschrieben. Noch bis vor kurzem war die klinisch-epidemiologische Evidenz hierzu widersprüchlich. So kommt die amerikanische neurologische Akademie 1999 in einer nicht systematischen Metaanalyse zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen psychischem Stress und Manifestation und Verlauf der MS bis heute weder als bewiesen noch als widerlegt gelten kann. Als Schlüsselprobleme in der Erforschung der Zusammenhänge von Stress und MS werden genannt: das Fehlen eines klaren biologischen Modells, der Mangel einer einheitlichen Stressdefinition und Messmethodik, die Fehlbewertung von Stress durch retrospektive Studien, die Inkonsistenz der erhobenen Befunde und vor allem der Mangel überzeugender prospektiver Daten. Diese Datenlage wurde durch eine im September 2003 im British Medical Journal publizierte prospektive Untersuchung mit Belegen für eine Triggerung von MS-Schüben durch psychische Belastung verbessert.
Die in dieser Arbeit dargestellten Untersuchungen gehen von dem klinischen Eindruck aus, dass Manifestation und Verlauf der MS durch psychische Faktoren und eine veränderte Stressregulation mitbestimmt werden. Dabei ist zu klären, ob diese Störungen für die Erkrankung prädisponierende Faktoren darstellen oder sekundär den Prozess der Erkrankung verstärkende Mechanismen darstellen. Vordringliches Ziel unserer Arbeiten war es, zunächst Methodiken zur Untersuchung der Stressregulation bei MS zu etablieren. Die dann durchgeführten Untersuchungen zielten darauf ab, bisherige Modellvorstellungen zu verfeinern.
Fragestellungen und HypothesenAus den in der Einleitung angeführten Befunden (in dieser Kurzfassung nicht dargestellt, d. Red.) geht hervor, dass eine intakte endokrine Antwort notwendig ist, um nach Stressreizen, seien es psychische, infektiäs-entzündliche oder traumatische, die Homöostase des Organismus auf einem anderen Niveau wiederherzustellen. Die Hypothese einer gestörten Stressregulation bei der MS stützt sich bislang vor allem auf tierexperimentelle Befunde im Modell der EAE (Experimentell Autoimmune Enzephalomyelitis). Hier fehlten bislang weitgehende Befunde zur Stressregulation bei MS-Patienten. Insofern wurden verschiedene Untersuchungen mit stressexperimentellen Belastungen und pharmakologischen Funktionstests durchgeführt.
letzter Teil (2)
voriger Artikel ** nächster Artikel
FP-Gesamtübersicht
Startseite