FORUM PSYCHOSOMATIK

Zeitschrift für Psychosomatische MS-Forschung, 23. Jahrgang, 2. Halbjahr 2013

Resilienz: Wieder "auf die Beine kommen"

In der letzten Zeit häufen sich die Berichte in Zeitungen und Zeitschriften, die über "Resilienz" berichten. Von der "Kraftquelle der Seele" ist da etwa die Rede. Bei Spiegel-online heißt es sogar "Die Unverwundbaren - Geheimnis psychischer Stärke". In den Psycho-Ecken der Buchhandlungen kann man auf Anhieb zwischen mehreren Resilienz-Titeln auswählen. Eigentlich kein Wunder, wenn in der Presse gleichzeitig über die Zunahme psychischen Drucks in der Arbeitswelt berichtet wird oder wenn jeder dritte Erwachsene im Laufe eines Jahres eine psychische Erkrankung entwickelt.

Schauen wir uns deshalb einmal genauer an, was unter "Resilienz" eigentlich zu verstehen ist. In FORUM PSYCHOSOMATIK hatten wir schon vor einigen Jahren über die Publikationen des israelisch-amerikanischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky und sein Konzept der "Salutogenese" berichtet. Darin beschreibt er das sogenannte "Kohärenzgefühl", das dafür verantwortlich ist, dass es Menschen gelingt, Krisen als Chancen zu sehen. Ein solches Kohärenzgefühl kann man entwickeln und erlernen - die Stiftung LEBENSNERV hat dies mit ihren Empowerment-Trainings aufgezeigt. In diesem Zusammenhang haben wir auch auf das vergleichbare Konzept der "Resilienz" hingewiesen, das vor allem im Bereich von Kindern von den US-amerikanischen Psychologinnen Ruth Werner und Emmy Smith entwickelt wurde. Auch "Resilienz" ist erlernbar, doch was heißt es ganz genau? Schauen wir dazu einmal auf eine Definition der APA, der American Psychological Association. Im Anschluss dazu stellen wir Ihnen die "Straße zur Resilienz" vor, ebenfalls von der APA entwickelt:

"Resilienz ist ein Prozess der Anpassung - einer Anpassung im Angesicht von Widrigkeiten, von Traumata, Tragödien, Drohungen oder anderen wesentlichen Quellen von Stress - seien es Familien- und Beziehungsprobleme, ernsthafte gesundheitliche Probleme oder Probleme am Arbeitsplatz sowie finanzielle Belastungen. Resilienz bedeutet, nach schwierigen Erfahrungen "wieder auf die Beine" zu kommen.

Die Forschung hat gezeigt, dass Resilienz durchaus üblich und nicht außergewöhnlich ist. Menschen demonstrieren häufig ihre Belastbarkeit. Ein Beispiel dafür ist die Reaktion vieler Amerikaner, die sich nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 darum bemühten, ihr normales Leben wieder aufzubauen. Resilient zu sein bedeutet aber nicht, dass eine Person keine Schwierigkeiten oder Bedrängnisse erlebt. Emotionaler Schmerz und Trauer sind allen Menschen, die große Not oder ein Trauma erlitten haben, gemeinsam. Resilienz ist keine angeborene Eigenschaft, die Menschen entweder haben oder nicht haben. Es geht vielmehr um die Entwicklung von Verhaltensweisen, Gedanken und Handlungen, die jede Person erlernen kann."

HGH

10 Wege zum Aufbau von Resilienz

1.Suche Anschluss! Gute Beziehungen zu Familienangehörigen, Freunden oder anderen Menschen sind wichtig. Das Annehmen von Hilfe und die Unterstützung von Menschen, die sich um dich kümmern und dir zuhören, stärkt deine Resilienz. Einige Leute finden, dass man in Bürgerinitiativen, religiösen Organisationen oder anderen lokalen Gruppen, die soziale Unterstützung und Hilfe anbieten, aktiv sein sollte. Von der Unterstützung anderer in der Zeit ihrer Not können auch die HelferInnen profitieren.

2. Vermeidees, Krisen als unüberwindliche Probleme zu sehen! Du kannst die Tatsache, dass stark belastende Ereignisse geschehen, nicht ändern, aber du kannst es ändern, wie du diese Ereignisse interpretierst und darauf reagierst. Versuche, über die Gegenwart hinauszudenken, und stelle dir vor, wie sich zukünftige Umstände ein wenig besser gestalten lassen. Notiere dir alle Gegebenheiten, durch die du dich in schwierigen Situationen bereits etwas besser fühlst.

3. Akzeptiere es, dass Veränderung ein Teil des Lebens ist! Bestimmte Ziele können als Folge von widrigen Situationen nicht mehr erreichbar sein. Das Akzeptieren von Umständen, die nicht geändert werden können, kann dir helfen, dich auf die Dinge, die du ändern kannst, zu konzentrieren.

4. Bewege dich auf deine Ziele zu - entwickle realistische Ziele! Tue etwas regelmäßig - auch wenn es dir nur wie eine kleine Errungenschaft erscheint -, dass es dir möglich macht, deine Ziele zu erreichen. Anstatt sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die dir unerreichbar scheinen, frage dich: "Was ist die Sache, von der ich weiß, dass ich sie heute erreichen kann und die mir hilft, mich in meine angestrebte Richtung zu bewegen? "

5. Treffe aktiv Entscheidungen! Handle in widrigen Situationen soviel wie es für dich möglich ist. Handele entschlossen, anstatt dir zu wünschen, dass die Probleme und Spannungen von alleine verschwinden.

6. Suche nach Möglichkeiten zur Selbsterkundung! Wenn Menschen etwas über sich selbst lernen, können sie oft dabei feststellen, dass sie in gewisser Hinsicht - als Folge ihres Kampfes mit dem Verlust - gewachsen sind. Viele Menschen, die Tragödien und Not erfahren haben, berichten anschließend über bessere Beziehungen und ein größeres Gefühl der Stärke. Gleichzeitig erlebten sie sich als verletzlich, hatten ein erhöhtes Selbstwertgefühl, eine stärker entwickelte Spiritualität und eine erhöhte Wertschätzung für das Leben.

7. Pflege ein positives Bild von dir! Die Entwicklung von Zutrauen in deine Fähigkeit, Probleme zu lösen und deinem Instinkt zu vertrauen, hilft dir beim Aufbau deiner Resilienz.

8. Betrachte die Dinge in der richtigen Perspektive! Auch wenn du auf sehr schmerzhafte Ereignisse blickst - versuche, die belastende Situation in einem breiteren Kontext zu betrachten und eine langfristige Perspektive einzunehmen. Vermeide, das Ereignis größer zu machen als es ist.

9. Bewahre eine hoffnungsvolle Perspektive! Ein optimistischer Ausblick ermöglicht es dir zu erwarten, dass gute Dinge in deinem Leben geschehen. Versuche zu visualisieren, was du anstrebst, anstatt dir Gedanken über das zu machen, was du befürchtest.

10. Passe auf dich auf! Achte auf deine eigenen Bedürfnisse und Gefühle. Engagiere dich bei Aktivitäten, die die du genießen kannst und die dich entspannen. Tue dies regelmäßig. Die Pflege deiner selbst hilft dir dabei, deinen Körper und Geist auf solche Situationen vorzubereiten, die Resilienz erfordern.

Zusätzliche Aktivitäten zur Stärkung deiner Resilienz können außerdem hilfreich sein: Beispielsweise schreiben einige Leute über ihre tiefsten Gedanken und Gefühle im Zusammenhang mit ihren Traumata oder andere belastende Ereignisse in ihrem Leben. Meditation und spirituelle Praktiken wiederum helfen anderen Menschen neue Verbindungen aufzubauen und ihre Hoffnung wiederherzustellen. Der Schlüssel zur Förderung der Resilienz jedenfalls ist es, diejenigen Wege herauszufinden, die als persönliche Strategie hilfreich sind.

Quelle: APA "Road to resilience - 10 ways to build resilience": http://www.apa.org/helpcenter/road-resilience.aspx

APA steht für "American Psychological Association". Die APA ist mit 134.000 Mitgliedern die weltgrößte Vereinigung von psychologisch tätigen Personen.

Übersetzung: HGH





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