FORUM PSYCHOSOMATIK

Zeitschrift für Psychosomatische MS-Forschung, 22. Jahrgang, 1. Halbjahr 2012



Bemerkenswert ist, dass im Durchschnitt jeder zweite Proband über Erfahrungen schreibt, die ohne Weiteres als traumatisch bezeichnet werden können – und dies selbst in Stichproben, die beispielsweise aus Studenten bestehen, bei denen kein gesteigertes Risiko erwartet werden kann. Unabhängig von Alter oder sozioökonomischem Hintergrund berichten Probanden über ein breites Spektrum persönlicher Schicksale, wie:

In Anbetracht dieser Themen sind die Schreibsitzungen häufig von negativen Emotionen begleitet und die Teilnehmer werden – für den Fall, dass diese Emotionen länger anhalten oder sich verschlimmern – über psychologische Hilfsangebote informiert. Rund 98% der Probanden geben jedoch an, dass das Schreiben eine wertvolle und persönlich bedeutsame Erfahrung war und sie jederzeit wieder an einer derartigen Studie teilnehmen würden (Pennebaker u. Beall 1986).


Wirksamkeit des Expressiven Schreibens
Allgemeine Wirksamkeit

Es existiert inzwischen eine beträchtliche Anzahl an Studien, die positive Effekte des ES auf die körperliche und seelische Gesundheit nachweisen. Generell zeigt sich, dass Teilnehmer, die über traumatische Erfahrungen schreiben, in den Monaten nach der Studie im Vergleich zur Kontrollgruppe:

Positive Effekte wurden weiterhin für eine Reihe objektiver Verhaltensdaten, wie die Wiederanstellungszeit nach Entlassung, die Abwesenheit vom Arbeitsplatz und den Notendurchschnitt nachgewiesen.

Bemerkenswert ist nicht nur das Spektrum der Effekte, sondern auch die Generalisierbarkeit des Paradigmas: von Studierenden und Insassen eines Hochsicherheitsgefängnisses bis hin zu schwer kranken Patienten und entlassenen Mitarbeitern eines Elektronikunternehmens erwiesen sich die Effekte als robust. Studien aus diversen Ländern (unter anderem den USA, Mexiko, Neuseeland, Japan, Israel, England, Belgien, Holland, Spanien und Deutschland) belegen zudem die Wirksamkeit des ES in verschiedenen Kulturen. Auch in unterschiedlichen Altersklassen über die Lebensspanne konnte die Wirkung bestätigt werden.

Berücksichtigt man zudem, wie einfach und kostengünstig das Paradigma des ES angewendet werden kann und dass Probanden ihr Schreiben meist als positive Erfahrung bewerten, so sind auch empirisch gesicherte, schwache Effekte von klinischer Bedeutung. Aktuelle Studien zum ES fokussieren daher auch weniger darauf, ob die generelle Wirksamkeit repliziert werden kann - diese gilt inzwischen als gut gesichert -, sondern verstärkt auf Indikationen für die klinische Anwendung und Bedingungen, unter denen das ES kontraindiziert sein könnte.



* Leseprobe (ohne Literaturangaben) aus:
Andrea B. Horn/Matthias R. Mehl/Fenne große Deters: Expressives Schreiben und Immunaktivität – gesundheitsfördernde Aspekte der Selbstöffnung. In: Christian Schubert (Hg.): Psychoneuroimmunologie und Psychotherapie. Schattauer Verlag, Stuttgart 2011, S. 208–210, 224

Kontakt zur Autorin:
Andrea Horn, Universität Zürich,
Psychopathologie und Klinische Intervention,
Binzmühlenstr. 14/17, CH-8050 Zürich
E-mail: andrea.horn@psychologie.uzh.ch





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