FORUM PSYCHOSOMATIK

Zeitschrift für Psychosomatische MS-Forschung, 20. Jahrgang, 2. Halbjahr 2010




Heilungsimaginationen und -affirmationen

Im Rahmen der Heilarbeit entwickelte ich mit meiner Therapeutin Heilungsimaginationen und -affirmationen. Ich stellte mir vor, wie ich mein Myelin gezielt selber heile und meine Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn schützt, stärke. Sätze wie „Ich bin stark. Ich bleibe gesund.“ sagte ich mir so häufig wie möglich. Ich erkannte, dass ich mich entweder mit ängstlichen Gedanken an Belastungen oder mögliche Krankheitsfolgen schwächen oder mich stattdessen mit positiven Gedanken aktiv stärken kann.

Ich las diverse aufbauende Bücher, zum Beispiel aus der Psychoneuroimmunologie. Schon früh hatte ich gemerkt, dass für mich die Beschäftigung mit der MS-Standard- Literatur kontraproduktiv und angstfördernd war. Den offenen Austausch mit anderen Menschen empfand ich zumeist als sehr hilfreich. Häufig machte ich die Erfahrung, dass in den Gesprächen – besonders in denen über Heilungsaktivitäten – sehr viel positive Energie entstand. Ich entdeckte die Heil eurythmie, die mein Gleich - gewicht sehr stärkt und Blockaden löst.

Einen wichtigen Bereich meiner Heilungsarbeit stellt die Selbstfürsorge dar. Ich versuche darauf zu achten, dass ich genügend schlafe und mich relativ gesund ernähre. Mir ist sehr bewusst, dass ich auf Stressfaktoren und genügend Erholungspausen achten sollte, um mich weiterhin gesund fühlen zu können. Meine Erfahrung ist, dass ich keine Angst vor etwaigen Folgen meiner Erkran kung habe, solange ich gut für mich sorge.


Bewältigung der Angst als entscheidender Schlüssel

Die Bewältigung dieser Angst war im Rückblick der entscheidende Schlüssel zur psychischen Bewältigung meiner MS. Da die Angst eine Emotion mit viel Energie ist, begann ich nach und nach, mir diese Energie „nutzbar“ zu machen, ich nahm sie mit der Unterstützung meiner Therapeutin als Anstoß, aktiv zu werden, an der Angst „entlang“ zu gehen, zu schauen, was dahinter liegt, wohin sie mich führen würde. Ich wollte mich auf keinen Fall dauerhaft zu ihrem leidenden Opfer machen, sondern ihr als aktiv handelndes Subjekt – insbesondere mit der Suche nach individuellen Heilungswegen – begegnen.

Im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass ich meine persönliche MSRealität von den schrecklichen, lähmenden Bildern, die in der Öffentlichkeit kursieren, unbedingt trennen muss. Meine Erkrankung muss ich nicht als eine Art „Schicksalsdonner“ hinnehmen, sondern kann sie als große Herausforderung und als Chance auf ein erfüllteres Leben annehmen. Als die Angst in einem letztlich dreijährigen Prozess, in dem ich mir verschiedene Bewältigungsmethoden aneignete, die Macht über meine Seele verloren hatte und das Vertrauen sich immer mehr festigte, verlor die MS die Macht über meinen Körper. Die Angst verschwand in dem Maße, in dem ich sie als Teil meiner Persönlichkeit annehmen konnte. Ein wichtiger Nebeneffekt war, dass meine Freude am Leben proportional zum Verschwinden der Angst anstieg.

Insgesamt kann ich mit der MSErkrankung sehr gut leben, zumal ich keine körperlichen Einschränkungen habe und mich in keiner Weise krank fühle. Ich denke selten an meine MS-Vergangenheit und lebe mein Leben. Wenn ich am Morgen aufwache, bin ich dankbar, dass ich ohne Probleme sehen und gehen kann. Dankbar bin ich auch für alles, was ich durch die Krankheitsbewältigung gelernt habe. Ich bin überzeugt, dass ich ohne meine MS viele wertvolle Erfahrungen nicht hätte machen können. Der Weg ist zwar immer wieder hart gewesen, aber er hat sich gelohnt.




* Es handelt sich beim vorliegenden Text um eine Kurzfassung des Erfahrungsberichtes „Mein Heilungsweg 2000 – 2009“, der auf der Homepage von LEBENSNERV erschienen ist. Der vollständige Name der Autorin ist der Redaktion bekannt.






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