Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 2/06


An dieser Stelle nun könnte man sagen: genug in Lexika geblättert,
jetzt wird gegoogelt:

per Google

Diese Annäherung ist wahrscheinlich eine der häufigsten: Ich ging ins Netz, tippte google.de ein und dann den Begriff „Empowerment“. Die Ausbeute war gigantisch: Ich habe in der weltweiten Dokumentensuche 28.400.000 Treffer erhalten und selbst, wenn ich nur deutsche Treffer haben möchte, erhalte ich immerhin noch 412.000 Treffer. Also doch vorwiegend ein Modewort? Bei der freien Enzyklopädie Wikipedia wurde ich dann schnell fündig und habe folgende Definition erhalten:

„Mit Empowerment bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, das Maß an Selbstbestimmung und Autonomie im Leben der Menschen zu erhöhen und sie in die Lage zu versetzen, ihre Belange (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortet und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Empowerment bezeichnet dabei sowohl den Prozess der Selbstbemächtigung als auch die professionelle Unterstützung der Menschen, ihre Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Im Deutsche n wird Empowerment gelegentlich auch als Selbstkompetenz bezeichnet.“

An dieser Stelle könnte man den Annäherungsprozess beenden - die Richtung scheint klar, wir haben eine schöne Definition und kümmern uns nun um die darauf fußenden Konzepte. Doch es lohnt, dies noch einen Moment zurückzustellen und sich erst einmal mit dem eben erwähnten William Penn zu beschäftigen.



2. Die historischen Wurzeln des „Empowerment-Konzeptes“

Wenn wir einmal zurückblicken in die Zeit der Entstehung des Begriffs „Empowerment“, so ist dies in Deutschland das Ende des 30jährigen Krieges, in England der Beginn der bürgerlichen Revolution und global der verstärkten Ausbreitung des Kolonialismus.Kirche und Staat waren in Europa eng verschmolzen. In dieser Zeit, genau im Jahr 1644, wurde William Penn als Sohn des gleichnamigen britischen Admirals in London geboren.

Penn war sehr an religiösen Fragen interessiert und schloss sich in jungen Jahren der Religionsgemeinschaft der Quäker an. Wegen seines Glaubens wurde er mehrfach inhaftiert. 1682 segelte er nach Nordamerika, gründete dort den, nach seinem Vater benannten, Quäkerstaat Pennsylvania, der 70 Jahre lang unabhängig blieb und wurde erster Gouverneur.

Von Interesse in unserem Zusammenhang sind seine politischen Auffassungen. Er trat für die gleichen Rechte von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionen ein, für die Gleichstellung von Männern und Frauen, er versuchte ein friedliches Auskommen mit den Ureinwohnern.

In seinen Schriften begründete er die „Theologie des individuellen Empowerment“, was nur auf dem Hintergrund der Auffassungen der Quäker zu verstehen ist: Die Quäker kennen keinen Klerus und keine besonderen Sakramente. Sie gehen davon aus, dass ein Teil von Gott in jedem Menschen lebendig ist. Dies wird mit dem Begriff „inner spirit“ (inneres Licht) bezeichnet. Hierdurch besitzt jeder Mensch eine unveräußerbare Würde, er besitzt die Freiheit des Gewissens und ist als Frau oder Mann freier Teil einer freien Gesellschaft. Dieses Verständnis der Gleichheit aller Menschen drückte sich auch in folgenden Details aus: vor der Obrigkeit wurde nicht mehr der Hut gezogen, Titel wurden nicht anerkannt und das „Du“ war gebräuchlich für alle und jeden.

Was heute eher selbstverständlich klingt, war in der damaligen Zeit aufrührerisch und revolutionär, da gegen Könige und Kaiser, gegen Bischöfe und Papst, gegen jegliche Autoritäten gerichtet. Kein Wunder also, dass viele Quäker wegen ihrer Auffassungen verfolgt und inhaftiert wurden.

Penn gab dem Staat Pennsylvania, den er auch als „holy experiment“ („heiliges Experiment“) bezeichnete, eine geschriebene Verfassung, in der die Macht der Regierung begrenzt, ein humanes Strafrecht eingeführt und viele fundamentale Freiheiten aufgeschrieben wurden. Diese Verfassung wurde das Vorbild für alle späteren freien, demokratischen Verfassungen. In Europa war Voltaire, der französische Philosoph der Aufklärung, ein großer Bewunderer von Penn.

Mein Fazit zum historischen Ursprung: Das religiös begründete Empowerment-Konzept des „inneren Lichtes“ bildet einen wichtigen Vorläufer für die Konzepte des 20. Jahrhunderts.

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