Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 1/05

Aus der Diskussion über die zukünftige
Arbeit der Stiftung LEBENSNERV und die
psychosomatische MS-Forschung

Dr. Sigrid Arnade:
Mir würden drei Forschungsstränge einfallen: Erstens eine Intensivierung der biographischen Forschung und der narrativen Medizin. Zweitens die Psychoneuroimmunologie, die Herr Heesen auch schon mit weiteren Forschungsperspektiven vorgestellt hat. Mir liegt drittens ein Forschungsprojekt besonders am Herzen:
Zunächst zum Hintergrund: Nach unserer Erfahrung geht es MS-Betroffenen besser, wenn sie sich weniger hilflos und ausgeliefert fühlen sowohl der Krankheit gegenüber als auch dem Medizin- und Gesundheitssystem gegenüber. Gerade in Zeiten knapper werdender finanzieller Ressourcen im Gesundheitswesen wird es aber immer schwieriger, sich nicht entmündigt, gedemütigt und ausgeliefert zu fühlen. In Verbindung mit dem Konzept der Salutogenese finde ich deshalb folgende Fragestellung für einen Forschungsauftrag interessant:
Welchen Einfluss hat ein regelmäßiges Empowerment-Training für MS-Betroffene über einen Zeitraum von drei Jahren
1. auf das subjektive Befinden
2. auf den Krankheitsverlauf (Kurtzke-Skala)
3. auf den „Sense Of Coherence“ – SOC (= laut Antonovsky Indikator für das Gesundheitspotenzial einer Person)


Dr. Heike Sievers-Frederich:
Ich würde den Gedanken der Stressbewältigung, den Herr Heesen in seinem Vortrag schon angesprochen hatte, aufgreifen. Ich könnte mir vorstellen, dass es eine interessante Forschungsrichtung wäre, Stressbewältigungsprogramme zu entwickeln, Patienten damit anzuleiten und über die Zeit zu verfolgen, wie weit sie Verbesserung sowohl ihrer Lebensqualität als auch ihrer Einstellung als auch ihrer Selbstwahrnehmung erleben.

Dr. Anne-Marie Kadauke:
Ich betrachte ja die Betroffenenberatungsausbildung der Stiftung LEBENSNERV von außen und mich interessiert sehr, was den Unterschied ausmacht, wenn betroffene Menschen beraten und wenn nicht Betroffene beraten: Also, was ist der Unterschied? Was ist speziell wichtig? Wie sieht es aus, wenn Menschen von der gleichen Krankheit betroffen sind?

Dr. Regine Strittmatter:
Mich w

ürde interessieren, wie die Wirkfaktoren in der Selbsthilfe oder im Peer-Counseling sind. Mich würde auch die Differenzierung interessieren: Welche Indikationen gibt es für Psychotherapien, für Beratung oder einfach für helfende Gespräche?

Harriet Rink:
Ich hänge noch an der Salutogenese und überlege, inwieweit man zum Beispiel das Kohärenzgefühl bei Patienten stärken oder einfach eine Verbesserung des Erlebens der Erkrankten erlangen kann.

Prof. Dr. Hedwig Rosa Griesehop:
Ich habe in Gesprächen mit Betroffenen immer wieder festgestellt, dass die Diagnose ein einschneidender Punkt ist. Die Verarbeitung der Diagnose, so glaube ich, wird in vielfältiger Weise verhindert. Ich persönlich finde es spannend, Forschung zu betreiben, wie Professionelle, also Ärzte und Ärztinnen, Diagnosen weitergeben. Dazu ist zu fragen, wie sie eigentlich arbeiten, welche Erfahrungen sie mit Patienten gemacht haben und inwieweit sie eigentlich geschult sind. Ich finde es wichtig, von Seiten der Professionellen, aber auch der Betroffenen Erkenntnisse herauszubekommen und daran ein theoretisches Modell der Diagnosevermittlung zu entwickeln und daran anschließend ein Bewältigungsmodell auf den Weg zu bringen, das dann Konsequenzen für die methodische Umsetzung hätte.

Dr. Christoph Heesen:
Jetzt ist schon eigentlich fast alles abgedeckt worden. Ich würde nur ein paar Akzente nochmal vertiefen. Ich finde es sehr spannend, sich einmal anzusehen, wie überhaupt der Zugang zur Beratung erfolgt. Ich erlebe das immer als sehr große Diskrepanz: Es gibt ganz viele psychologische Faktoren, viele gesund machende Faktoren, aber es kommen nur wenige Patienten in therapeutischen Beziehungen an.






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