Stiftung LEBENSNERV, FORUM PSYCHOSOMATIK 2/01 |
von Sigrid Arnade
Zu deutsch: ÄrztInnen und PatientInnen stimmen nicht überein. So lautet der erste Teil des Titels einer wissenschaftlichen Arbeit schottischer ForscherInnen, die 1997 in der wissenschaftlichen Zeitschrift "British Medical Journal" (BMJ) veröffentlicht wurde .
42 MS-Betroffene und die behandelnden ÄrztInnen an einer Klinik in Edinburgh wurden in die Untersuchung einbezogen. Die Betroffenen waren durchschnittlich 41 Jahre alt, 28 von ihnen waren Frauen, und 33 wurden ambulant betreut. Unabhängig voneinander schätzten Betroffene und ÄrztInnen per Fragebogen einerseits den Grad der körperlichen Behinderung, andererseits die Bedeutung der Beeinträchtung und weiterer Faktoren für die Lebensqualität ein. Die Beurteilung des körperlichen Befindes stimmte dabei zwischen Betroffenen und ÄrztInnen weitgehend überein. Jedoch ergaben sich signifikante Unterschiede hinsichtlich der Bedeutung des körperlichen Befindens für die Lebensqualität: Für die Betroffenen war die MS-bedingte körperliche Beeinträchtigung nicht so wichtig wie die ÄrztInnen glaubten. Vielmehr spielten für die Lebensqualität der Betroffenen Faktoren wie Vitalität, Allgemeinbefinden und geistige Gesundheit eine viel entscheidendere Rolle.
Unserer Ansicht nach deckt diese Studie einige der Ursachen für das oft schwierige Verhältnis zwischen ÄrztInnen und Betroffenen auf: Häufig wissen die ÄrztInnen gar nicht, was für die Betroffenen wichtig ist; gleichzeitig werden die Betroffenen meist nicht als ExpertInnen in eigener Sache bei der Entscheidung über die Therapie oder bei der Konzipierung von Versuchen einbezogen. Wir halten den Tenor der Studie für so bedeutend, dass wir im Folgenden die Kernaussagen (key messages) und die Schlussfolgerungen wörtlich übersetzt haben.
Kernaussagen
Schlussfolgerungen
MS-PatientInnen und möglicherweise auch Betroffene anderer
chronischer Erkrankungen sind hinsichtlich ihrer krankheitsbedingten
körperlichen Beeinträchtigung weniger besorgt als ihre
ÄrztInnen. Klinische Studien bei MS sollten den Einfluss der Behandlung
auf die anderen gesundheitlichen Faktoren einbeziehen, die von den Betroffenen
als wichtig angesehen werden. Diese Faktoren können auch durch den
Krankheitsprozess beeinflusst werden und sind eng mit der
gesamtgesundheitlichen Lebensqualität verbunden. Nebenwirkungen von
Behandlungen können sich auf diese Faktoren ungünstig auswirken.
Si
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