Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 2/99

Teil 5: "Neulich in der Wissenschaft..."

Depressivität

In einer Literaturarbeit von Patten & Metz (1997) fassen die Autoren die bis dahin erschienenen Forschungsberichte zusammen. Sie stellen zwar insgesamt eine vielfach erhöhte Depressivität MS-betroffener Menschen fest, können aber keine spezifischen Muster MS-bedingter neurologischer Einflüsse erkennen.

Als wesentlich an der Entstehung depressiver Tendenzen bei MS-Betroffenen identifizieren Shnek et al. (1995) passive Haltungen im Sinne gelernter Hilflosigkeit und geringer Selbstüberzeugung. Je größer also der eigene Handlungsspielraum wahrgenommen wird, desto geringer ist die Gefahr depressiver Verstimmungen.

In einer standardisierten Fragebogenstudie stellten Nyenhuis et al. (1995) fest, daß MS-Betroffene sogar weniger Stimmungsbeeinträchtigungen angaben als die Menschen aus der nicht betroffenen Kontrollgruppe.

Stenager et al. (1996) untersuchte MS-betroffene Suizidenten und faßte solche Faktoren zusammen, die die Gefahr eines Suizides erhöhen. In den Ergebnissen zeigte sich, daß erhebliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen. Männliche Suizide lassen sich vor allem dadurch charakterisieren, daß sie gehäuft in der Altersspanne zwischen 40 und 49 Jahren begangen werden, wobei eine gewalttätige Methode gewählt wird, bereits zuvor suizidales Verhalten gezeigt worden ist, dem Suizid ein Schub vorausgegangen ist, wobei der Grad der Behinderung als eher moderat zu beschreiben ist. Für Frauen hingegen lassen sich weniger trennscharfe Kriterien aufführen. Als risikobehaftet scheint ein als ungünstig prognostizierter Krankheitsverlauf zu sein.

Noy et al. (1995) untersuchten die Stimmungsbeeinträchtigungen von MS-Betroffenen, deren Krankheit schubförmig mit Remissionen verläuft. Betrachtet werden die Zusammenhänge zwischen psychiatrischer Symptomatologie und den neurologischen Merkmalen wie Krankheitsdauer, -aktivität und Symptomschwere. Die Ergebnisse weisen auf eine hohe Ängstlichkeit bei den Betroffenen und im geringeren Ausmaß auch auf Depressivität hin. Beide Maße stehen zwar in Beziehung zur Krankheitsaktivität, nicht aber zur Krankheitsdauer oder zur Symptomschwere. Im psychiatrischen Profil spielten die Symptome der Verleugnung eine signifikante Rolle und waren auch mit der Krankheitsdauer korreliert. Die Autoren heben zusammenfassend noch einmal die besondere Bedeutung von persönlichen Schutz- und Copingmechanismen hervor.

Wir hoffen, mit unserer Zusammenfassung Ihr Interesse gefunden zu haben und würden uns freuen, wenn sich bei der Lektüre die eine oder andere Anregung für Sie persönlich ergeben hat.

KH

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