Stiftung LEBENSNERV, FORUM PSYCHOSOMATIK 2/06 |
im Editorial der letzten Ausgabe von FORUM PSYCHOSOMATIK habe ich Ihnen einige Projekte vorgestellt, die wir gerne verwirklichen würden. Zumindest eines davon können wir nun dank der finanziellen Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit realisieren: ein Empowerment- Training für MS-Betroffene. Nähere Informationen dazu und die Ausschreibung finden Sie in der Heftmitte.
In eine ähnliche Richtung wie unser Empowerment-Ansatz weist die Arbeit der Stiftung „Patientenkompetenz“. Einen Aufsatz dazu finden Sie in diesem Heft. Die Patientinnen und Patienten sollen in ihrer Kompetenz ernst genommen werden, und ihre Kompetenz soll gesteigert werden, damit sie Therapieentscheidungen mit treffen und tragen können. Dieser Ansatz gefällt uns, denn wir plädieren auch immer für einen gleichberechtigten Umgang zwischen ÄrztInnen und Menschen mit MS.
Was uns an der „Patientenkompetenz“ auffällt, ist die Unstimmigkeit zwischen Begriff und Inhalt: Es geht darum, die Kompetenz von Menschen mit einem gesundheitlichen Problem zu fördern und ernst zu nehmen. Gleichzeitig wird aber von „Patienten“ gesprochen. Sprachgeschichtlich stammt der Begriff „Patient“ von dem lateinischen Verb pati (= leiden, ertragen). Auch das griechische Wort pathos (= Unglück, Affekt) ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Der/die PatientIn ist also der/die Leidende, der/die Ertragende, der/die Erduldende.
Und Leidende, Ertragende, Erduldende sollen jetzt ernster genommen, in ihrer Kompetenz gestärkt werden? Unter sprachlichen Gesichtspunkten erscheint uns das ein zumindest äußerst schwieriges Unterfangen. Denn ich frage mich oft, unter wem die Betroffenen primär leiden: unter ihren gesundheitlichen Problemen oder unter dem Gesundheitssystem und der teilweise sprachlosen Medizin?
Deshalb müsste man meiner Meinung nach den Begriff „Patient“ kritisch hinterfragen und eventuell einen neuen Begriff entwickeln. Ihre guten Ideen dazu sind uns immer willkommen!