Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 2/05

MS und Bodybuilding
– Ein Erfahrungsbericht


Von Pia Windfelder


2001 bekam ich die Diagnose MS. Über eine betroffene Bekannte kam ich zu FORUM PSYCHOSOMATIK,
das ich seitdem lese. Dort stand unter anderem ein Artikel eines Betroffenen, der trotz MS
Marathon läuft (Ausgabe 1/2001, d. Red.). Er hatte seinen geliebten Sport gegen den Rat
aller Ärzte und Broschüren wieder aufgenommen. Das hat mir damals als Neubetroffene und begeisterte Bergwanderin sehr sehr gut getan, da man in Ratgebern
immer liest, dass man körperliche Überwärmung vermeiden soll, insbesondere Extremsport. Damals
dachte ich zunächst, dass die Diagnose das Aus für das Bergsteigen/ Wandern bedeutet. Der Bericht
des Mannes hat mich da wirklich „gerettet“.
Das extreme Bergwandern musste ich inzwischen zwar sehr einschränken, da ich dabei Probleme
mit dem linken Bein bekomme. Aber ich habe eine andere Sportart gefunden, bei der man
auch an seine Grenzen gehen kann: Bodybuilding. Ich möchte betonen, dass ich mit diversen
Supplementen nichts am Hut habe und völlig dopingfrei trainiere. Bodybuilding
hat dahin gehend leider einen sehr, sehr schlechten Ruf. Dabei wird in nahezu allen
Sportarten zu unerlaubten Hilfsmitteln gegriffen. Aber ich schweife ab.
Dieses Jahr habe ich an meinen ersten Wettkämpfen teilgenommen
und war doch recht erfolgreich:
• Oberbayerische-/Schwäbische
Meisterschaft: Frauen-Figur-Klasse 5. Platz,
• Paarposing (zusammen mit meinem Mann) 1. Platz
• Bayerische Meisterschaft: Frauen-Figur-Klasse 6. Platz, Paarposing 2. Platz
• Deutsche Meisterschaft: Paarposing 2. Platz (Für die Frauen-Figur-Klasse hatte ich mich
nicht qualifiziert)
Zur ganzen Wettkampf-Vorbereitung gehört außer regelmäßigem Training eine konsequente
Diät, bei der keinerlei Ausnahmen erlaubt sind. In den letzten acht Wochen vor dem ersten Wettkampf
sind beispielsweise bis auf Magerquark keine Milchprodukte erlaubt. Ich möchte aber nicht
näher darauf eingehen, da dies hier sicher zu weit führen würde und für Normalbürger nicht interessant
ist. Wichtig zu erwähnen finde ich jedoch, dass ich vier Tage nach meiner Diagnose die
Ernährung umgestellt habe. Ich ernähre mich arachidonsäurearm und nehme zusätzlich bestimmte
Vitamine und Mineralstoffe. Ich bin davon überzeugt, dass auch die Ernährungsumstellung einen
Einfluss auf den Verlauf meiner MS hat. Die Meisterschaftsvorbereitung
ist mir nur gelungen, da ich es in den letzten neun Monaten endlich geschafft habe, die MS als einen
Teil von mir zu akzeptieren und mein Leben tatsächlich danach umzustellen. Ich trainiere nur an
meinen freien Tagen und auch nur, wenn es mir gut geht. Das bedeutet circa zwei Stunden schweres
Hanteltraining im Fitness-Studio. Mein Mann unterstützt mich stets. Besonders dann, wenn ich in den
linken Extremitäten Kraftprobleme habe, was unter Umständen schon gefährlich werden kann. (Der
Kraftverlust ist mir vom ersten Schub vor vier Jahren geblieben). Auch geht mein Mann super mit
meinen, wenn auch meist nicht allzu schlimmen, Fatigue-Problemen um.
Durch die Unterstützung meiner ArbeitskollegInnen und Chefs/Chefin ist es möglich, dass ich an
meinem Arbeitsplatz bleiben konnte und nun überwiegend sitzend arbeite. Meine Arbeitszeit musste
ich von Vollzeit mit Bereitschaftsdiensten auf 4 x 5,5 Stunden reduzieren.
Aber inzwischen macht es mir nichts mehr aus, keine „vollwertige“ Arbeitskraft mehr zu sein.
Aber das war ein langer, steiniger
Weg









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