Stiftung LEBENSNERV, FORUM PSYCHOSOMATIK 1/03 |
"Herr Doktor, ich habe noch immer starke Schmerzen!" Ein einfacher Satz, der aber vier Botschaften enthält: "Ich habe starke Schmerzen", das ist der reine Sachinhalt. "Ich bin entmutigt", das ist eine Selbstoffenbarung. "Sie sind derjenige, der mir helfen kann, dessen Therapie aber noch nicht hinreichend gewirkt hat", das ist der Beziehungsaspekt. Und schließlich der Appell: "Helfen Sie mir (endlich)!"
Jede Nachricht enthält diese vier Botschaftsanteile - eine Grunderkenntnis der Kommunikationswissenschaft. So etwas zu wissen und auf so etwas zu achten, hilft bei der Gesprächsführung in der Praxis. Fünf Grundregeln für ein besseres Patientengespräch gibt es:
Beachten Sie die Botschaften hinter der Botschaft!
Beim Zuhören sollte man so etwas wie eine zweite Antenne aufstellen und versuchen, die impliziten Botschaften in dem, was Patienten sagen, zu erfassen: Was ist der Sachinhalt? Was sagt diese Nachricht über den Patienten aus? Was will der Patient mit dem Gesagten über mich und über unsere Beziehung aussagen? Und was möchte er erreichen?
Hören Sie aktiv zu!
Aktives Zuhören bedeutet aufnahmebereite Zuwendung. Patienten sollten merken, dass der Arzt voll und ganz bei ihnen ist. Das kann man nonverbal signalisieren - über Blickkontakt oder Körperhaltung. Und verbal - durch ergänzende oder erklärende Aussagen und Fragen. Zum aktiven Zuhören gehört auch, die Patienten nicht zu unterbrechen. Angst zu haben, dass die Patienten ununterbrochen reden, ist unangebracht: In der Regel fassen sich Patienten kurz, wenn man ihnen aktiv zuhört, reden sie kaum mal länger als zwei Minuten, hat erst kürzlich eine britische Studie ergeben.
Nicht immer stimmen verbale Aussagen mit der Körpersprache überein. Da Menschen ihre Körpersprache normalerweise weniger steuern als die Sprache, kann das nonverbale Verhalten viel verraten. Darauf kann man Patienten ansprechen.
Fühlen Sie mit Ihrem Patienten!
Empathie des Arztes ist eine wesentliche Grundlage für eine funktionierende Arzt-Patienten-Beziehung. Empathie ist das Einfühlungsvermögen in die Erlebniswelt des anderen, also die Fähigkeit, sich in die Wahrnehmungswelt des anderen hineinzuversetzen. Man sollte versuchen, das Erleben der Patienten so vollständig und genau nachzuvollziehen, als ob es das eigene wäre, allerdings ohne die Rolle als Arzt aufzugeben, eine gewisse Distanz ist angebracht. Empathie signalisiert nicht nur Verständnis und Mitgefühl, sondern so findet man vielleicht auch ganz neue Ansätze, die genau zu dem Patienten passen.
Sprechen Sie verständlich!
Eigentlich selbstverständlich, dass Ärzte sich so ausdrücken sollten, dass Patienten sie auch verstehen: einfach, prägnant, geordnet, in kurzen Sätzen und möglichst ohne Fachjargon, und wenn, dann erklärt. Wiederholungen und Redundanzen (Überflüssiges, d. Red.) sind fast immer nötig, damit Patienten die Aussagen besser einordnen können. Bilder, Vergleiche, Metaphern, Beispiele können zusätzliche Stimuli sein. (ug)
(* Diese Grundregeln sind zwar in erster Linie für ÄrztInnen geschrieben, jedoch auch hilfreich für alle PatientInnen zur Überprüfung der eigenen Kommunikation, d.Red.)
(Quelle: "Ärzte Zeitung" vom 28. November 2002)
Wir bedanken uns bei der "Ärzte Zeitung" für die freundliche Abdruckgenehmigung
voriger Artikel ** nächster Artikel
Inhalt von FP 1/03 ** FP-Gesamtübersicht
Startseite