Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 1/02

Resonanzen:

Ressourcenorientierte Mal- und
Musiktherapie


von Claudia Dill-Schmölders und Barbara Böke


In ihrem Vortrag erläuterten Claudia Dill-Schmölders (Musiktherapie) und Barbara Böke (Maltherapie) die Grundlagen ihrer Arbeit und berichteten über die konkrete Anwendung bei einem MS-betroffenen Patienten. Aus Platzgründen geben wir nur den theoretischen Bezugsrahmen wieder. Weitere Auskünfte sind über die Ambrock-Klinik erhältlich.


Schöpferische Musiktherapie

Musiktherapie als künstlerische Behandlungsform wird in der BRD seit ca. 20 Jahren innerhalb verschiedenster Zusammenhänge eingesetzt. Je nach inhaltlichem Schwerpunkt ist sie methodisch mit einem bestimmten Menschenbild beziehungsweise einem psychotherapeutischen Denkmodell verbunden.

Musiktherapie nutzt Musik als Mittel der Verständigung, der Kommunikation, als Ausdruck innerster seelischer Regung und Bewegung und kann damit Annäherung an verbal schwer zugängliche emotionale Inhalte bieten. In der musiktherapeutischen Arbeit wird menschliche Zuwendung auf tiefer empathischer Ebene möglich. Kräfte für das innere Wachstum als Hilfe zur Lebensbewältigung werden entdeckt und gefördert.

Letzteres hat vor allem in der Behandlung von chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel der MS Bedeutung. Meinem Verständnis nach kann es hier nicht um eine funktionell geprägte Sichtweise gehen, die vorwiegend auf die Verbesserung von Fähigkeiten ausgerichtet ist. Vielmehr müssen immer auch qualitative Aspekte in die Behandlung miteinbezogen werden, die die gesamte Lebensqualität des Menschen betreffen. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Förderung kreativer Fähigkeiten, an Selbstwertstärkung, an die Stärkung innerer Kräfte, wie das Motto dieser Tagung lautet, um einen weiteren Baustein zu einem positiven Selbstwertkonzept beitragen zu können. Es geht um die Möglichkeit, die seelische Widerstandskraft zu stärken und vor allem Hilfestellung bei der emotionalen Bewältigung von belastenden Situationen zu geben.

Musik ist ohne Einfluss auf das menschliche Gefühlsleben undenkbar. Denken Sie daran, wie Sie selbst mit Musik umgehen. Wie man, je nach Stimmungslage, zu der einen oder anderen Musik greift, entweder um die eigene Stimmung zu vertiefen oder aber um sie zu verändern.

In der Auseinandersetzung mit einer chronischen Erkrankung steht immer wieder das Wiedererlangen oder Erhalten des seelischen Gleichgewichts im Mittelpunkt. Mit einer solchen Erkrankung konfrontiert zu werden, bedeutet immer auch Bedrohung des Selbstbildes wie des Selbstwertgefühls und hat Auswirkungen auf die Stimmung, auf das gesamte Gefühlsleben.

In diesem Zusammenhang lassen sich für die Musiktherapie folgende Ziele formulieren: Es geht darum, mit Einfühlungsvermögen und Empathie das Leid der KlientInnen wahrzunehmen und zu respektieren, aber auch Veränderungen der inneren Gestimmtheit aufzuzeigen. Darüber hinaus soll Freude am eigenen schöpferischen Tun entwickelt werden, woraus Selbstbestätigung und Selbstvertrauen erwachsen.

Innerhalb der Musiktherapie kann ein Mensch all dies als konkret Handelnder erleben. Ihm stehen in der praktischen Arbeit hochwertige Instrumente aus dem Schlag- und Stabspielbereich zur Verfügung, die er selbständig auswählen kann.

Das dann folgende gemeinsame musikalische Geschehen wird improvisiert, das heißt aus dem Stegreif, dem Moment heraus, erfunden, wobei Vorkenntnisse des Gegenübers keine Rolle spielen. In der konkreten Situation wird ein Klient aufgefordert, mit seinem Spiel zu beginnen. Der vorwiegend am Klavier sitzende Therapeut ist dazu da, die spontanen musikalischen Äußerungen des Patienten in seine Musik am Klavier aufzunehmen und ihnen so zuerst einmal zu begegnen und eine Ebene der gegenseitigen Verständigung zu schaffen. Wenn der Klient dazu bereit ist, wird das musikalische Geschehen im Nachhinein besprochen, um die Bedeutung des Prozesses auf verbaler Ebene nachzuvollziehen und Möglichkeiten zur Veränderung aufzuzeigen. Der Therapeut versteht sich in diesem Zusammenhang als Helfer, Probleme zu erkennen und zu durchschauen. Mögliche Lösungswege werden entwickelt und begleitet.