Stiftung LEBENSNERV, FORUM PSYCHOSOMATIK 2/00 |
Teil 2 (letzter Teil): "Rede der Preisträgerin Dr. Ulla Schubert"
"Ich habe das aufgefasst wie eine Management-Aufgabe, eine neue
Firma zu kaufen oder einen Verkauf oder eine zu gründen oder irgendetwas,
also als Aufgabe, habe mich analysiert und habe geguckt, was geht nicht mehr
und was geht noch, und das was noch geht, habe ich versucht, so gut zu machen,
dass es mir wieder Freude macht ... und quäl mich jetzt nicht mehr damit
rum, dass ich nicht mehr durch den Wald joggen kann. Das hab`ich verarbeitet,
das ist history, und das ist auch vorbei. Ich kann`s nicht ändern. Das
geht nicht. Das geht nicht."
"Ich glaube, es ist für
einen Patienten, dass es für einen Patienten ungeheuer wichtig ist, dass
er etwas mit nach Hause nimmt, was ihm eine Hoffnung gibt.(...) Und da hab`ich
mich erkundigt, und das kann es doch nicht sein, es muss doch irgendetwas
geben, was mir einen positiven Denkansatz gibt, wo ich etwas für mich tun
kann, damit ich ... und ich muss damit leben können und nicht irgend
jemand anderes. Und ich brauche eine positive Motivation."
"(...) mit dem Rest, der bleibt, formulieren wir es mal so, da ist
ja noch viel, ich kann ja noch Milliarden Dinge tun, da ist ja ..., dass ich
damit gut leben kann und versuche, die Menschen, die mit mir leben müssen
oder gerne mit mir leben wollen, so darauf vorzubereiten, dass sie dadurch
nicht abgestossen oder schockiert sind. Das ist es. Aber auch ohne besonders
Mitleid zu erregen."
"Und sagen wir mal, ich warte auf
einen Punkt, was heisst ich warte, ich beobachte, ob es einen Punkt gibt, wo
ich das, was ich heute tun kann, was ich heute tue, nicht mehr tun kann. Wenn
ich dann spüre, ich bin aus irgendwelchen Gründen nicht mehr dazu in
der Lage, und wenn das dann so sein sollte, dann möchte ich selber
entscheiden, bevor andere zu mir sagen, du kannst das jetzt nicht
mehr."
Ob sich bestimmte Ursachenvorstellungen günstig
oder ungünstig auf die Krankheitsverarbeitung der Patienten auswirken,
konnte hier nicht geklärt werden. Auffallend war jedoch, je mehr sich die
Patienten in der Entstehung der Erkrankung eine eigenen Rolle eingestehen, umso
veränderbarer erscheint ihnen das Leben mit der Erkrankung, umso mehr
Handlungsmöglichkeiten stehen ihnen zur Verfügung.
Im Gegensatz
dazu führt die Annahme, Zielschild eines "bösen" Schicksalschlages
oder Opfer einer schwierigen Kindheit zu sein, zu dem Gefühl des
Kontrollverlustes über das eigene Leben und die Erkrankung.
Das
Fazit meiner Arbeit lautet: Da die untersuchten MS-Patienten überwiegend
ein Ursachenmodell vertreten, in dem körperliche Überlastung und
seelische Konflikte zentral sind und da sowohl Patienten als auch Behandelnde
nach Möglichkeit eine ätiologisch (ursächlich, d. Red.)
ausgerichtete Therapie anstreben, scheint die Kenntnis der subjektiven
Ursachen- und Beeinflussbarkeitsvorstellung wichtig, um eben diese belastenden
Momente zu eruieren. Nur in Kenntnis der subjektiven Krankheitstheorie des
Patienten könnten sodann Auswege aus den äußeren und inneren
Konflikten gefunden werden (etwa durch psychotherapeutische Begleitung) und
geeignete Bewältigungsstrategien erprobt und unterstützt werden.
Herzlichen Dank nochmals für den freundlichen Empfang und
natürlich für die Verleihung des Forschungspreises der Stiftung
LEBENSNERV. Einen Teil des Preisgeldes werde ich übrigens zum Aufbau eines
Krankenhauses in Palästina spenden.
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